Rede: Kurabgabenpraxis in Malente und deren Konsequenzen

Die zu gering erhobene Kurabgabe ist ein Schaden für die Gemeinde  Malente, der rund eine Million Euro beträgt. Diese Summe entsteht aus der jährlichen Differenz zwischen 85.410  Euro, die hätten erhoben werden müssen zu den tatsächlichen Erhebungen von nur 5.475 Euro. Es wurden also 14 Jahre lang fast 80.000 Euro verschenkt – jedes Jahr!

Ähnlich sieht es in der Vitalklinik aus. Hier zahlt, nach Absprachen mit unserem Bürgermeister, nur jeder Dritte Anschlussheilbehandlungspatient die Kurabgabe. Die Tatsache, dass eine Anschlussbehandlung  nach  einer  Operation einen Patienten in seiner Bewegung einschränkt, ist kein anerkannter gültiger Grund für die Befreiung von der Kurabgabe. Die Kommunalaufsicht stellt klar, dass eine Befreiung von der Kurabgabe nur dann begründet wäre,  der Patient bettlägerig ist und deshalb tatsächlich die Nutzung der gesamten öffentlichen Kureinrichtungen überhaupt nicht möglich wäre. Wirklich bettlägerige Patienten dürfte es nach menschlichem Ermessen in der Vitalklinik kaum geben.

Gesamtschaden zwischen 2 und 2,8 Mio Euro

Dies gilt auch für die Mühlenbergklinik. Sie zahlt für 38 Prozent ihrer Patienten keine Kurabgabe. Dass die August-Bier-Klinik noch nie Kurabgabe von ihren Patienten erhoben hat, ist für den großen Anteil der Patienten dieser Klinik durchaus nachvollziehbar und verständlich – aber nicht für Alle. Der Großteil dieser Patienten ist unbestritten bettlägerig. Alles in allem liegt der geschätzte Schaden für die bisher bekannte Kurabgabenerhebungspraxis zwischen 2 bis 2,8 Mio. Euro.

Theoretisch könnten die Beiträge von bis zu 4 der 14 Jahre rückwirkend verlangt werden. Dies hängt jedoch auch davon ab, ob der Bürgermeister mit den Kliniken hinsichtlich dieser Abrechnung keine wirksame Verträge geschlossen hat. Würde sich diese Annahme bestätigen, läge die nachträglich zu erhebende Summe für die Kurabgabe zwischen 500.000 bis 800.000 Euro.

Wenn unser Bürgermeister Kliniken und Patienten bevorzugt hat, die nicht bettlägrig sind oder sich nicht in  einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt befinden, ist die Frage zu stellen, warum er dies als Volljurist gemacht hat. Ich stelle mir auch die Frage, ob er sich unbewusst, fahrlässig, grob fahrlässig oder vorsätzlich über diese Gesetze hinweggesetzt hat.

Dass es sich bei der Curtius-Klinik nicht um eine geschlossene fachpsychiatrische Klinik handelt, ist unverkennbar und wird auch aus der Beschreibung der Klinik deutlich. Dass die Entscheidung der Kommunalaufsicht im Grunde keine neue Rechtlage beschreibt, zeigt z.B. eine Entscheidung des  Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg aus dem Jahre 2002, die genau diese Fragestellungen entschieden hat. Warum also wurde die Rechtsprechung nicht beachtet und noch im September 2014 in der Sitzungsvorlage des Tourismusausschuss für eine “erneute  Vereinbarung” mit der Curtiusklinik behauptet, Rechtsprechung zu dieser Frage sei nicht bekannt?

Davon abgesehen wurde hier zudem gegen die Hauptsatzung der Gemeinde Malente verstoßen und diese kennt unser Bürgermeister auch. Diese begrenzt die finanzielle Tragweite der Entscheidungen des Bürgermeisters auf 25.000 Euro. Dies gilt auch für einen Verzicht auf Ansprüche. Allein bei der Curtius-Klinik wurde dieses Limit um mehr als 55.000 Euro überschritten. Auch nach der Betriebssatzung des Eigenbetriebes Kurbetrieb ist eine Entscheidung in diesem Volumen weder dem Kurdirektor erlaubt (nur im Volumen von 15.000 Euro) noch dem Tourismusausschuss (maximales Volumen von 25.000 Euro).

Diese Entscheidung hätte in dieser Größenordnung durch die Gemeindevertretung entschieden werden müssen! Dort wäre wahrscheinlich aufgefallen, dass die gewährten Vergünstigungen satzungs- und rechtswidrig sind und somit nicht hätten verabschiedet worden dürfen.

Wie in dieser Gemeinde aber üblich wurde dies alles nicht öffentlich besprochen. Gegen die nicht öffentliche Behandlung und den Abschluss einer Vereinbarung wurde von uns Einspruch eingelegt.

Resümee

Mit welchen Konsequenzen ein jeder von uns zu rechnen hätte, wenn wir einen solchen Schaden in dieser Weise schuldhaft verursachen würden, brauche ich hier nicht zu beschreiben. Unser Bürgermeister, von mir in der Tourismusausschusssitzung auf die Problematik und die fehlerhafte Kurabgabenerhebung  hingewiesen, hat stattdessen eine Presseerklärung herausgegeben in der es heißt:

“… Diese Kritik ist rechtlich nicht haltbar und beweist erneut das eingeschränkte Judiz der Grünenchefin, die nicht zum ersten Mal Schnellschüsse loslässt, ohne sich vorher über den Sachverhalt und die Rechtslage zu informieren”.

Ich würde mich an Ihrer Stelle schämen, Herr Bürgermeister! Sie sind bisher weder zu einer Entschuldigung bei mir persönlich, noch bei den Bürgern der Gemeinde Malente, denen Sie einen erheblichen Schaden durch Ihre Praxis verursacht haben, in der Lage gewesen.

Ich fordere Sie auf, Verantwortung für diesen Fehler zu übernehmen und zurückzutreten und kündige schon jetzt an, dass wenn der Schaden auf Heller und Pfennig feststeht, die Fraktion der Grünen ansonsten die Stellung eines Abwahlantrages erwägt. Aussitzen können Sie diesmal diese Frage nicht! Und bedenken Sie, Herr Bürgermeister, die weitere Kurabgabenerhebungspraxis gegenüber dem Landessportverband, der Uwe-Seeler-Fußballschule und der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte sind noch gar nicht im Pott.

Dagmar Noeh-Schueren, den 20.11.2014 Tourismusausschusssitzung