Bei der Recherche nach Begriffen wie „Altersstarrsinn“ und Themengebieten wie „Wie trifft der Mensch Entscheidungen“ kann einem bewusst werden, dass Voreingenommenheit nicht nur das Problem Anderer ist. Ich für meinen Teil habe meine Meinung zu dieser Thematik um 180 Grad gedreht, was nicht gleichbedeutend ist mit: „Desto jünger umso dümmer“.
Zu Beginn der Recherche sind die Fragen noch trivial. Das ändert sich jedoch zunehmend, wenn man versteht, auf welche Weise der Mensch Entscheidungen trifft und welche Faktoren tatsächlich eine Rolle spielen. Besonders bei komplexer Fragestellung, die mit relativ vielen bekannten und unbekannten Größen verbunden ist, müsste man annehmen, dass die Beantwortung ebenfalls einen komplizierten und umfassenden Entscheidungsverlauf nehmen wird. Aber ist das wirklich so? Was, wenn einige wichtige Einflussfaktoren fehlen, weil sie vielleicht in der Zukunft liegen? Was, wenn sich Schwerpunkte über die Zeit verlagern oder sich generell verändern? Dann kann eine Entscheidung trotz aller Mühe einfach falsch sein.
Der Ein- oder Andere wird jetzt vielleicht sagen, dass von Politikern erwartet werden kann, dass sie ihre Gefühle weitestgehend zu kontrollieren haben. Sie müssen immer die Konsequenzen ihres Handelns exakt abwägen und sich ausschließlich von rationellen Erwägungen lenken lassen. Und vernünftig müssen ihre Entscheidungen sein, da ihre Pläne auch mit übergeordneten Interessen sowie mit ethischen Prinzipien und sozialer Akzeptanz vereinbar sein sollten.
Welcher Politiker könnte aber allen Ernstes von sich behaupten, ausschließlich so vorzugehen? Gefühle sind angeboren und lassen sich nicht wirklich kontrollieren, maximal vor anderen mehr oder weniger gut verstecken. Und sie spielen zwangsläufig immer eine wesentliche Rolle, denn sie sind bewusst oder unbewusst Ratgeber, die zu- oder abraten. Ergänzt werden sie durch meist wiederholte Erfahrungen, die im Laufe unseres Lebens in Verbindung mit positiven oder negativen Gefühlen gespeichert werden. Sind nun die rational entwickelten Entscheidungen im Vergleich zum „emotionalem RAM“ nicht plausibel, kann eine wirklich zweckrationale Entscheidung kaum getroffen werden. Und weil sich bewusste oder unbewusste Erfahrungen im Laufe der Lebenszeit summieren, sind unsere „Alten“ vom Grunde her nicht gegen Jüngere austauschbar. Im Gegenteil, sie dürften ihnen aufgrund dessen häufig überlegen sein, auch wenn sie es nicht bewusst so wahrnehmen und die Jungen es nicht wahrhaben wollen. Natürlich: „Ausnahmen bestimmen immer die Regeln“!
Weil aber Erfahrungen naturgemäß auch negativ besetzt sind, behindern sie uns auch. Vielleicht sind sie sogar in dem einen oder anderen Sachverhalt eine unüberwindbare Barriere? Vielleicht sind junge Menschen zu impulsiv und ältere zu ängstlich? Hat nicht jeder von uns schon erlebt, dass das Festhalten an Bewährtem – insbesondere der älteren Generation – Neues und Innovatives blockiert? Sind die Denkstrukturen unter Umständen schon so fest geprägt, dass ein Abweichen des Weges zunehmend schwerer fällt?
Dazu ein Beispiel: Ein junger frisch ausgebildeter Jäger erkennt bei einem älteren Schützen Fehler in der Handhabung mit der Waffe. Der Junge Mann macht den Schützen darauf aufmerksam, dass sich im Umgang mit der Waffe dieses und jenes geändert haben. Die Reaktion bräuchte ich wahrscheinlich nicht beschreiben, oder? Der alte erfahrene Schütze fuhr den jungen Mann an: „Du Grünschnabel willst mir erklären, wie ich zu schießen habe? Ich habe dreißig Jahre lang so geschossen und den neumodischen Quatsch mache ich nicht mehr mit“.
Was, wenn diese Muster auch in den Ausschüssen unsere Kommune greifen?
Sehr ungünstig können die Konsequenzen jedoch dann sein, wenn die Erfahrungen der „Alten“ zwar ihre Entscheidungen lenken, diese Erfahrungen aber nicht mehr mit dem „RAM“ jüngerer Generationen übereinstimmen. Vielleicht entstehen auf diese Weise die sogenannten Generationskonflikte? Der Streit um die Schulfusion Hutzfeld/Malente war verhältnismäßig heftig und deutlich emotionaler als normale politische Auseinandersetzungen. Und obwohl beiden Seiten tiefgründig überzeugt von ihren Meinungen waren, so wird dennoch keine Seite komplett falsch oder richtig gelegen haben. Einzig falsch lagen hier nur die Trittbrettfahrer, die sich dieses Themas annahmen, um sich selbst in den Vordergrund zu spielen.
Gewonnen haben alle, denn Malente hat mit diesem Bürgerentscheid eine sehr demokratische Entscheidung des gesamten Altersspektrums ermöglicht und es wird sich im Laufe der nächsten Jahre zeigen, welche bekannten und unbekannten Größen sich bestätigen oder verändern werden.